„Schnell, mach die Motorhaube auf!“ Kaum kommt unser Schneemobil zum Stehen, reißen wir die kalten Handschuhe von unseren tauben Händen und wärmen unsere unbeweglichen Finger am Motorblock. Es ist stockdunkel und eiskalt. Der Musiker und mein guter Freund „Driftwood“ Holly und ich sind mitten im Herzen der verschneiten Wildnis des Yukon.

Zu zweit auf einem Schneemobil und mit drei Lasten-Schlitten im Schlepptau haben wir uns mehr als 50 Kilometer durch tiefsten Schnee über Berge, Seen und durch Wälder gekämpft. Mit dabei ist ein gusseiserner Holzofen und ein Expeditionszelt aus Canvas. Außerdem eine Motorsäge, Langlaufskier, Fellstiefel, Spaltaxt, Handsäge, Benzin, Parkas, Wolldecken, ein Gewehr, Ferngläser, zwei Kameras, fünf Kameralinsen… die Packliste ist gefühlt ewig lang.

Mit dem Schneemobil fuhren die Männer einfach los in die Wildnis.

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Zelten bei minus 45 Grad in der Wildnis von Kanada

Aber eigentlich ist das nicht verwunderlich. Es sind minus 45 Grad Celsius. Wir sind meilenweit von der Zivilisation entfernt und ganz auf uns allein gestellt. Hierhin führt keine Straße, und außer uns weiß eigentlich niemand so richtig, wo wir sind.

Der nordische Winter ist erbarmungslos. Bei diesen Temperaturen zerspringt selbst Gummi wie Kristallglas.

Immer am Mann ist ein Feuerzeug, Papier und Kleinholz. Sollte einer von uns durchs Eis brechen oder sich irgendein anderes Unglück ereignen, dann kann nur noch ein wärmendes Feuer uns retten. Der nordische Winter ist erbarmungslos. Bei diesen Temperaturen zerspringt selbst Gummi wie Kristallglas.

Unsere Ausrüstung wird knallhart auf die Probe gestellt. Eigentlich müssten wir sicherheitshalber alles doppelt dabeihaben. Aber das geht natürlich nicht. Deswegen müssen wir gut planen. Zuerst einmal gilt es, Feuerholz zu machen. Und zwar lieber zu viel als zu wenig.

61.144978, -136.257321: Das sind die Geokoordinaten, an denen Peter und sein Freund das Zelt aufgeschlagen haben.

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Einen ganzen Tag lang kreischt die Motorsäge im Wald, die schwere Axt saust durch die klirrend kalte Luft. Erst als die Sonne im Westen hinter dem Horizont verschwindet, sind wir zufrieden mit unserem Holzvorrat. Wir legen unsere Werkzeuge beiseite und die Ruhe kehrt zurück ins Reich der Wölfe und Bisons.

Wir haben genug Holz, um wochenlang zu überleben. Wir werden nicht sterben, selbst wenn die Motorsäge den Geist aufgibt oder die Axt irgendwo unter dem tiefen Schnee verschwindet. Ein beruhigendes Gefühl.

Zurück in unserem Zelt schmeißen wir ein paar Holzscheite in den Ofen. Fauchend und Funken sprühend erwacht der zum Leben und schon bald ist es drinnen wesentlich wärmer als draußen. Dann schmelzen wir einen Topf Schnee und kochen uns ein deftiges Abendessen. Während grüne Nordlichter über den dunklen Nachthimmel zucken, sitze ich im Kerzenschein vor unserem rot glühenden Ofen und lausche den melodischen Klängen von Hollys Mundharmonika. Was für ein Leben…!

Für diesen Anblick der Polarlichter lohnt sich die kalte Nacht in der Wildnis.

Nachts reißt mich das Geschepper meines Weckers regelmäßig aus dem beginnenden Tiefschlaf. Dann hüpfe ich in meinem dicken Daunenschlafsack zum Ofen, um Holz nachzulegen. Etwa alle 1,5 Stunden muss ich das machen. Verschlafen darf ich nicht, denn dann wird es für uns unerträglich kalt im Zelt. Aber was wäre ein Abenteuer ohne schlafraubende Herausforderungen?

Schnee schmelzen für den Cowboykaffee

Wenn dann der Morgen beginnt, schälen wir uns mit den ersten wärmenden Strahlen der Sonne aus unseren Schlafsäcken. Wir bringen den Ofen zum Glühen und schmelzen Schnee für unseren Cowboykaffee. Während die Lebensgeister erwachen, brutzeln wir Zwiebeln, rösten mitgebrachtes Brot und bereiten uns Hafergrütze zu. Die Herausforderungen des Winters machen hungrig.

Ist der Kaffee dann leer, der Magen gefüllt und Wegzehrung eingepackt, dann machen wir uns daran, die weiße Welt zu erkunden. Vor dem Zelt regt sich nirgendwo ein Lebenszeichen. Kein Vogel fliegt am Himmel und kein Tier bewegt sich durchs Tal. Spuren von anderen Menschen gibt es hier ebenso wenig wie von Tieren. Fast scheint es, als ob wir die letzten Überlebenden in einer verlassenen Welt wären. Wir brechen auf in eine weiße, stille und einsame Welt.

Tief verschneit ist die Landschaft im Yukon.

Solange das Tageslicht reicht, wandern wir weit durch zugeschneite Wälder und überkreuzen gefrorene Seen auf unseren Langlaufskiern. Wir quälen unser Schneemobil durchs dichte Unterholz und klettern auf die steilsten Bergspitzen.

Schnell sind meine Reserven aufgebraucht und ich kann keinen Schritt mehr tun, ohne mir nicht gleichzeitig ein Stück Schokolade oder eine Dattel in den Mund zu schieben. Und so esse ich durchgehend, werde aber trotzdem nur hungriger und hungriger.

Der Proviant schwindet – das Ende fürs Winter-Camping

Zwei Kilo Schokolade, zwei Kilo Datteln und eine Familienpackung Müsli-Riegel schwinden dahin. Und auch unsere richtigen Mahlzeiten sind üppig und deftig. Wir essen Nudeln mit Elchsteak oder Bauernbrot mit Zwiebeln, Speck und ganz viel Butter.

Nudeln mit Elchsteak werden auf diesem Ofen zubereitet.

Sieben Tage später neigen sich unsere Vorräte dem Ende zu. Also bauen wir unser Zelt ab und beladen das Schneemobil. Ein ungemütliches Gefühl. Hier hatten wir einen glühenden Holzofen und warme Schlafsäcke. Hier hatten wir ein warmes Zuhause nach den langen Tagen in der Kälte. Hier waren wir ein Teil der Natur und der rauen nordischen Wildnis. Eigentlich will ich nicht gehen.