Pilgern in der Mecklenburgischen Seenplatte: Der Weg zum Selbst
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Sorgen aus, Entspannungsmodus an: Das klappt am besten am Ufer des Wummsees, findet Pilgerpastorin Melanie Ludwig.
© Quelle: www.1000seen.de/Christin Drühl
Schon der Weg erinnert an die heile Welt alter Heimatfilme: Durch das bezaubernde Dörfchen Diemitz geht es vorbei an einem großen Biohof, von dem aus Ziegen und Schafe lautstark ihr „Guten Morgen“ blöken. Das Ziel? Einer der Lieblingsorte von Pilgerpastorin Melanie Ludwig in der Mecklenburgischen Seenplatte.
Während zur einen Seite der Waldrand je nach Jahreszeit mal in Grün, mal in bunter Herbstpalette changiert, wird der Weg schmaler und senkt sich sanft zum Wummsee hinab. Wo sich die Bäume lichten und den Blick auf das glasklare Wasser frei machen, liegt eine versteckte Bucht umringt von mannshohem Schilf. Und genau hier, auf dem Stamm einer umgekippten, uralten Buche, hat Melanie Ludwig ihren Wohlfühlplatz gefunden.
Pilgern zwischen Wasser und Wald
„Wenn ich hier sitze und tief durchatme, fällt der Alltagsballast ganz schnell von meinen Schultern“, erzählt die Pastorin und reckt mit geschlossenen Augen ihr Gesicht der Sonne entgegen. An Orten wie diesen kannst du beim Wandern oder Pilgern an der Mecklenburgischen Seenplatte Rast machen – sie machen den 250 Kilometer langen Pilgerweg so vielfältig und außergewöhnlich.
Auf einer Strecke so lang wie von Hannover nach Berlin verläuft der Pilgerweg entlang von Mooren und Seen wie dem Tollensesee. Mit fast 18 Quadratkilometern klarstem Wasser gehört er zu den saubersten und größten Gewässern von Mecklenburg-Vorpommern. Vogelliebhaber können im Naturschutzgebiet „Rothes Moor“ Fischadler und Rohrdommeln beim Brüten beobachten.
Auf schmalen Trampelpfaden oder einfach querfeldein pilgerst du über weite Wiesen oder durch tiefe Wälder. Jeder Schritt führt dich dabei ein Stückchen näher an das eigentliche Ziel: Die innere Ruhe.
Ob religiös oder nicht – jeder ist doch auf der Suche
Auf diese Reise zu sich selbst, weg vom Alltagstrott, gehen immer mehr Menschen. „Es ist eine Sehnsucht, die sie antreibt – nach Entschleunigung, nach der Natur und nach Antworten zu den wirklich wichtigen Dingen“, erklärt Pastor Dirk Fey. Er spricht aus Erfahrung: In seiner evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Rödlin übernachten rund 100 Pilger im Jahr.
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Begleitet auf der Suche zum Selbst: Pastor Dirk Fey von der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde in Rödlin gibt Pilgern den Reisesegen mit auf den Weg.
© Quelle: www.1000seen.de/Christin Drühl
Ob du christlich bist oder einfach gerne wanderst, spielt für den Pastor keine Rolle: „Religiös oder nicht – jeder ist doch auf der Suche. Ich freue mich, wenn ich Menschen dabei begleiten kann.“ Während er redet, sitzt Dirk Fey auf einer kleinen Holzbank vor seinem Gemeindehaus, im Beet gleich nebenan summen Hunderte Bienen. Sein Glück scheint er in seiner Gemeinde gefunden zu haben.
Inspirierende Gespräche inklusive
Die Begegnung mit anderen Menschen ist das, was vielen Pilgern neue Perspektiven eröffnet. Die alte Kachelofenfabrik in Neustrelitz ist dafür der perfekte Ort. Das Kulturzentrum ist eine der beliebtesten Begegnungsstätten auf dem Pilgerweg. Hier treffen sich Pilger, Wanderer und Einheimische. Langweilig wird’s nicht: Zwei Kinosäle, eine Kunstgalerie, eine Gaststätte sowie ein kleines Öko-Hotel gehören zum Kulturzentrum.
Das Wichtigste ist aber der Austausch mit Anderen: Neben einem guten Essen aus regionalen Produkten und einer Mütze Schlaf nehmen die Gäste die Erinnerung an intensive Gespräche und wertvolle Tipps zu den verschiedenen Stationen auf dem Pilgerweg mit.
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Rückblicken, austauschen, weiterdenken: Die Begegnungsstätte in Neustrelitz ist dafür der perfekte Ort.
© Quelle: TMV/Krauss
Geschichte(n) von Früher
Wer sich selbst sucht, findet vielleicht auch Antworten in der Vergangenheit. Einen kleinen Einblick eröffnen die vielen historischen Gebäude entlang des Pilgerwegs an der Mecklenburgischen Seenplatte. Die denkmalgeschützte Steinmühle am Grünower See macht den Pilgern zum Beispiel bewusst, wie wenig die Menschen früher hatten und welche Herausforderungen ihnen dieses einfache Leben stellte.
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Einfach mal stehen und staunen – die Burg Stargard erzählt von längst vergangenen Jahrhunderten.
© Quelle: TMV/Krauss
Vom Wunsch, etwas für die Ewigkeit zu erschaffen, erzählen die mächtige dreischiffige Backstein-Hallenkirche St. Marien und die Burg Stargard. Letztere ist das älteste weltliche Bauwerk in Mecklenburg-Vorpommern.
Fischbrötchen und Anekdoten
Spätestens der knurrende Magen holt dich zurück in die Gegenwart. Hunger und Neugierde auf das Leben entlang des Pilgerwegs werden in den vielen charmanten Hofläden und Traditionsbetrieben auf dem Pilgerweg gestillt. Einer davon ist die Fischerei Reimer am Rödliner See, die seit 1922 besteht. Hier serviert Sabine Reimer neben frischen Fischbrötchen auch allerlei Anekdoten.
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Frischen Fisch und alte Anekdoten gibt's in der Fischerei Reimer in Rödlin.
© Quelle: TMV/Krauss
Die Fischerin erzählt vorbeikommenden Pilgern und Wanderern gerne Geschichten über ihren Vater und Großvater, die den Familienbetrieb unter schwierigsten Bedingungen aufgebaut und geführt haben. Auf ihre eigene Art und Weise verhilft sie dir dadurch auch zu etwas Entspannung – mit einem guten Essen und dem schönen Ausblick auf den angrenzenden See.
Das Land der Tausend Seen
Auf dem Pilgerweg kannst du die Entschleunigung rundum genießen – und bestimmst selbst, wie kurz oder lang die Alltagspause sein soll. Der Weg ist in insgesamt 15 Abschnitte eingeteilt, die jeweils an einem Tag erwandert werden können. Doch auch abseits des Wegs bietet die Mecklenburgische Seenplatte nahezu unendliche Möglichkeiten, der Schnelllebigkeit zu entfliehen und ganz tief durchzuatmen.
Die mecklenburgische Antwort auf schwedische Schäreninseln: Die unzähligen kleinen und großen Seen der Seenplatte sind ein Geschenk der letzten Eiszeit.
© Quelle: www.1000seen.de/Christin Drühl
1.117 natürliche und größtenteils vernetzte Seen, der Müritz-Nationalpark mit dem UNESCO-Weltnaturerbe „Alte Buchenwälder“ sowie vier weitere Naturparks machen es möglich. Mit mehr als 1.500 Streckenkilometern, Rad- und Wanderwegen, ist die Mecklenburgische Seenplatte eine der wichtigsten Urlaubsregionen Mitteleuropas für alle, die Lust auf Natur haben.
Tipps für die Pilger-Reise:
Unterkünfte: Gewerbliche Gastgeber, Kirchengemeinden und Privatpersonen bieten den Pilgern das ganze Jahr über Übernachtungsmöglichkeiten an. Eine rechtzeitige und verbindliche Reservierung ist zu empfehlen.
Versorgung: Es gibt nicht auf allen Abschnitten des Pilgerwegs Einkaufsmöglichkeiten. Tipp: Hinweise in den Wegbeschreibungen beachten und rechtzeitig Proviant einkaufen!
Smartphone: Im weiten Naturraum der Mecklenburgischen Seenplatte ist das Handynetz nicht flächendeckend verfügbar. Offline-Karten zur Navigation solltest du am besten vor der Tour herunterladen.
Ausführliche Informationen, Wegbeschreibungen und Kartenmaterial zum Pilgern gibt es hier.
Hier findest du weitere Informationen zu Aktivurlaub in Mecklenburg-Vorpommern.